Mittwoch, 1. Oktober 2008

Fear And Loathing im Mouson Frankfurt

Robert Forster, 30.09.08

(meve) Das HH-Hörsturztreffen hatte seinen Tribut gezollt. Völlig ohne Stimme, geschwächt und übernächtigt trat ich die Heimreise an. Um das Konzert von Robert Forster überhaupt erleben zu können, mussten Substanzen her, die mich wieder ins Leben bringen. Mit einem Kofferraum voller Drogen machte ich mich auf den Weg nach Frankfurt. Clarithromycin, Ibuprofen, Acetyl und diverse Schleimlöser sollten mich in den erhofften Zustand bringen.

Wir befanden uns irgendwo auf der A5 zwischen Friedberg und dem Taunus, als die Drogen zu wirken begannen. Graue Nebelschleier umhüllten meinen Kopf und wir wurden von feindlichen H2O-Partikeln attackiert. Mit klarem Kopf hätte ich gesagt, dass einfach beschissenes Wetter war.

Nun stand ich mit Frau Köstler und dem Hofmädchen vor dem Mouson. Wir wollten eigentlich erst was Essen, als mich eine heftige Drogenvision packte. Auf einmal stand einen halben Meter neben mir eine ca. 1,90 große Erscheinung. Im Anzug, längere graue Haare mit merkwürdigen Seitenscheitel, Nickelbrille und einem versteinerten Blick, der mich an eine Figur auf alten Wild-West-Fotos aus dem 19. Jahrhundert denken ließ. Erst ein gegenseitiges „Hi” holte mich in die Realität zurück, es war der Grund meiner Anreise, der neben mir stand.

Wir gingen aber erst mal zur Pizzeria, so viele Drogen auf nüchternen Magen verträgt sich nicht, zumal der Kellner uns mit einer Tasse astreinem reinsten Koffein versorgte.

Im Mouson ließen die Drogen langsam nach, der nun folgende Bericht wird nüchterner:

Beginn war Punkt 21.00 Uhr. Diese Pünktlichkeit hatte ich bisher nur bei Van Morrison erlebt, der damals zur Tagesschau-Zeit begann, aber auch Punkt 21.30 Uhr ohne Zugabe von der Bühne verschwand. Das sollte heute nicht sein.

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Das Konzert begann verhalten, aber trotzdem mit einer Überraschung. Robert Forster kam alleine auf die Bühne und spielte, sich selbst an der Akustik-Gitarre begleitend „From Ghost Town”. Bedrückender hätte das Konzert nicht beginnen können. Das Lied über seinen verstorbenen Partner Grant McLennan ist eines der ergreifendsten Lieder über verstorbene Menschen, die ich kenne. Das Konzert damit zu beginnen, ließ vermuten, dass dieser Abend sich langsam entwickeln wird.
Weitere Solo-Stücke folgten, als nächstes kam Bassistin Adele Pickvance auf die Bühne. „If It Rains” vergeigten sie aber völlig, irgendwas war schief gelaufen. Nach einer kurzen Diskussion mit ihr fragte Forster schließlich das Publikum, ob Gitarristen da wären, er bräuchte ein 16er-Plektron. Die Unsitte von Gitarristen, immer ein Plektron im Portemonnaie zu haben, brachte einem Zuschauer schließlich ein Bier auf Kosten von Mr. Forster ein, der hatte nämlich das erhoffte Teil.

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Nun kam noch der frühere Drummer Glenn Thompson hinzu, der heute die Sologitarre spielt, und wieder einen Song später der Drummer.
Als dieser kam, wurde der Pädagoge in mir wach: Das geht nicht, das ist Kinderarbeit, der gehört längst ins Bett. (Frau Hofmann dachte übrigens „Huch, das ist doch der Kellner aus der Frühstücks-Kneipe in HH”).
Schließlich wurde der 20-Jährige (immerhin) vorgestellt, der sehr sparsam spielte, aber den Groove von Lindy Morrison (die legendäre Ur-Drummerin) auf geniale Weise genau traf. Drummer, die sparsam spielen und damit ein Maximun an Effekt (sprich Groove) erzielen, sind mir die liebsten.

Selbst mit Drummer blieb die verhaltene Atmosphäre. Er spielte erst mal dezente Besen und als er beim nächsten Stück endlich zu den Stöcken griff, allerdings nur, um einen sanften Rim-Click zu spielen, hieß es danach: „We’re back in 10 minutes”.

Die Ratlosigkeit war perfekt. Was, schon Pause, hat doch noch gar nicht richtig angefangen? Ich ahnte aber schon die wahre dramaturgische Planung. Mr. Forster war sein eigener Support-Act. Hier fanden zwei komplett verschiedene Programmpunkte statt.

So war es auch. Der zweite Teil begann sofort als Quartett und wurde eröffnet mit meinem Lieblingsstück von „The Evangelist”, der Song „Don’t Touch Anything”. Weitere Perlen aus alten und neueren Go-Betweens-Zeiten folgten. Klaro, „Spring Rain”, natürlich „Here Comes The City”. Das Konzert gewann immer mehr an Fahrt, Forster vollführte seine berüchtigten Tanzeinlagen. Dass es nach knapp 2 Stunden auf einmal „Goodbye” hieß, empfand man als viel zu früh, vehement wurde die Zugabe eingefordert.

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Der Zugabenblock nahm weiter an Tempo zu, Glenn Thompson wechselte zwischenzeitlich mal an die Drums. Nach 30 Minuten Zugabe wurden sie mit frenetischem Jubel in die Garderobe entlassen.

Nun wollte ich mir am CD-Stand die „Liberty Bell” kaufen, die es aus unerfindlichen Gründen noch nicht in meine Sammlung geschafft hatte. Als ich die CD endlich in den Händen hielt, packte mich ein heftiger Flashback. Die Erscheinung von vor dem Konzert stand auf einmal wieder direkt vor mir. Nur diesmal im T-Shirt und völlig verschwitzt. Ungefragt riss er mir die neu erworbene CD aus den Händen und schmierte mit einem Edding einfach seinen Namen drauf. Unverschämtheit!

Auf der Heimreise baute ich so langsam ab, HH, Drogencocktail, Visionen – das war einfach zuviel. Aber ich war heilfroh, das Konzert besucht zu haben.

Mein Auto hat zum Glück einen großen Kofferraum.

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